Belgrad, Serbien. Ein temporäres Zuhause für Andreas Živković.

 

 

«Meine Bilder enstehen, wo ich persönlich involviert bin»

Wie bist du zum Fotografieren gekommen?

«Fotografie ist bei mir mit Menschen verbunden. Zu Beginn mit Ingrid Tekenbroek und Urs Fritz. Sie gaben mir das Vertrauen, in meine Kreativität und meine Ideen glauben zu können. Die Faszination am Medium kam in der Freundschaft zu Jorma Müller. Jemand, der viele technische Details kennt, eine bedingungslose Liebe in die Fotografie hat und den Glauben an die Kraft des Mediums hält. Mein Kunststudium in Basel gab mir den Raum, jederzeit im Labor Zeit verbringen zu können. Auch traf ich dort Hansjörg Walter, der mich antrieb, zu tun, spontan zu sein. Und nicht zuletzt David Claerbout, während meiner Assistenz in Antwerpen, der mich wahrscheinlich in der Leseart und dem Komponieren von Bildern am meisten inspiriert hat. Ich weiss nicht, ob ich schon beim Fotografieren angekommen bin. Für mich ist das Medium sekundär. Der Inhalt steht über allem. Inhalt, der sich Menschen, die sich mit einem Bild beschäftigen, klar erschliessen kann.»

 

Was ist für dich Fotografie?

«Ich glaube nicht an ein perfektes Bild. Mich interessiert das Spontane, die Persönlichkeit, das Involviert-Sein, das Jetzt, der Moment. Da dürfen, müssen auch Fehler passieren.»

 

Was möchtest du unbedingt einmal mit der Kamera einfangen?

«Das kann ich so nicht beantworten. Ich lasse mich vom Gefühl treiben, leiten. Somit weiss ich nie recht, was ich genau will, oder erst dann, wenn ich mich in dieser Situation befinde. Ich kann aber oft im Nachhinein sagen, ob ich das genau so gerne gehabt hätte. Inszenieren finde ich schwierig.»

 

Zur Person

Andreas Živković (1975) studierte Kunst in Basel, danach folgen längere Aufenthalte in Belgrad und Antwerpen. Zurzeit arbeitet er als Oberstufenlehrer in Rafz. «Seit unsere Tochter zur Welt gekommen ist, muss regelmässig mal Geld reinkommen.» Seit wann er fotografiert, kann er kaum beantworten. «Kameras lagen immer rum, danach gegriffen habe ich schon früh. Das Abdrücken kam erst spät. Es gibt Reisen, Momente, da drücke ich kaum, nie ab.» Živković fotografiert am liebsten mit der Yashica T5. Und er liebt die Unschärfe.

 

Zum Bild

«Das Bild ist in Belgrad entstanden. Es zeigt das Bett am Abend meiner Ankunft bei der Frau, bei der ich die nächsten Monate wohnen durfte. Eigentlich ist es ihr Bett. Das Bett ist zugleich aber für sie die Möglichkeit, Gäste zu haben und ihre minimale «Invalidenrente» von etwa 50 Euro alle zwei Wochen aufzupolieren. Sie fiel in jungen Jahren beim Fensterputzen vom dritten Stock auf die Strasse. Sie braucht sehr viel Schlaf, ist sehr schlecht zu Fuss. Sie geht eigentlich nur dann raus, wenn sie mit dem Hund muss. Sie kriecht dann jeweilen, sich an der Wand stützend, die Strasse hinauf, um die Ecke, bis hin zum Park. Ansonsten wird sie von Nachbarn, Freunden und Verwandten unterstützt. Während den Monaten, als ich bei ihr war, schlief sie im Wohnzimmer auf dem ausgezogenen Sofa.»

 

Das Portrait über Andreas Živković entstand im November 2009. andimation.ch

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