Claudio Bäggli fotografiert am liebsten seine Töchter: «Sie sind das wertvollste Fotosujet, täglich direkt vor meinen Augen.»

 

 

«Die Zeit arbeitet für gute Bilder»

Die Fotografie bringt Claudio Bäggli immer wieder an Orte, die er sonst nicht entdecken würde: in Fabriken, Proberäume, Lagerhallen, unbekannte Dörfer. Ob er in Auftragsarbeiten oder in unkommerziellen Projekten auf den Auslöser drückt: Seine Bilder sollen schön und gleichzeitig spannend sein – und im besten Fall eine Geschichte erzählen.

 

Neuanfänge gab es in Claudios Leben schon einige. Er selbst beschreibt sie als anstrengend und herausfordernd, manchmal schön. Nach der vierjährigen Lehre zum Lüftungszeichner absolviert Bäggli die gestalterische Berufsmaturitätsschule und lässt sich an der Fachhochschule Basel zum Sozialarbeiter ausbilden. Seit 15 Jahren arbeitet er in der Sozialberatung für Menschen mit einer Behinderung. Mindestens so lange ist er mit der Kamera unterwegs.

 

Zur Fotografie gelangt er über das Malen und Zeichnen. Seine Bilder sind Ausdruck seiner Lebensneugier. Oft wählt er die Sujets aus dem Bauch heraus, gar zufällig, und lichtet dabei immer wieder seine Töchter ab. «Sie sind vor meiner Nase und nehmen meine Kamera nicht mehr wahr. Als ich gemerkt habe, dass das wertvollste Fotosujet täglich vor meinen Augen liegt, war ich glücklich.»

 

Seine Kinder symbolisieren einen prägenden Neuanfang. Doch auch der bewusste Entscheid, nicht von der Fotografie leben zu wollen, war für ihn ein Neubeginn: «Ich trage der Fotografie Sorge. Zu viel Druck macht das kaputt.» Heute bestimmt nur die Frage, ob eine Idee fotografisch interessant ist, ob er sie umsetzen möchte. Claudio Bäggli mag es ausserdem immer mehr, sorgfältig zu fotografieren und sich für seine Projekte, aber auch für die Auswahl seiner Bilder Zeit zu nehmen. «Das ist vielleicht meine Gegenreaktion auf die Bilderflut.»

 

Das Zusammenspiel von Licht und Schatten, aber auch sich mit der Verteilung von Farben und Formen auseinanderzusetzen, schätzt er am Fotografieren besonders. Aktuell arbeitet er an einem Bildband über das Bürgerspital St.Gallen sowie an Künstler- und Familienportraits. Der holländische Fotograf Hans van der Meer, der verschiedene Fussballplätze in Europa abgelichtet hat, und der französische Fotograf Cyrill Abad, der absurde Situationen in Freikirchen in den USA festgehalten hat, haben ihn zu seinem nächsten Fotografie-Projekt inspiriert. Was zu sehen sein wird, ist noch offen.

 

 

Das Portrait über Claudio Bäggli entstand im April 2020. claudiobaeggli.com

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